Noch vor 20 Jahren war Bibliometrie etwas Exotisches, mit dem sich bestenfalls Expert*innen beschäftigten. Heute spielen bibliometrische Informationen eine wichtige Rolle in unterschiedlichen Bewertungs-, Steuerungs- und Mittelverteilungsprozessen des Wissenschaftssystems. Die großen Literaturdatenbanken stellen bibliometrische Kennzahlen wie den Journal Impact Factor oder den Hirsch-Index inzwischen standardmäßig zur Verfügung. Die rasante Verbreitung von bibliometrischen Informationen täuscht jedoch gelegentlich darüber hinweg, dass sie in ihren jeweiligen Anwendungszusammenhängen der Interpretation und in der Folge auch der Weiterentwicklung bedürfen, um tatsächlich zu einer anspruchsvollen und differenzierten Indikatorik für unterschiedliche wissenschaftliche Leistungen zu kommen. Die Entwicklung von Kompetenzen im Umgang mit den interpretationsbedürftigen Kennzahlen aus der Bibliometrie und der Ausbau von vertiefter Forschung in der Bibliometrie hat in den letzten Jahren jedoch zumindest in Deutschland nicht immer mit dem Anwachsen der praktischen Verwendung von bibliometrischen Informationen Schritt gehalten.
Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2009 das Kompetenzzentrum Bibliometrie ins Leben gerufen – ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Konsortium, bestehend aus dem damaligen Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung (iFQ) als Koordinator, dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, der Universität Bielefeld und dem FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur. Ziel der gemeinsamen Arbeit war zunächst der Aufbau einer Inhouse-Datenbank auf der Basis von Scopus (Elsevier) und relevanten Beständen des Web of Science (Thomson Reuters). Auf dieser Basis wurden umfangreiche Qualitätskontrollen, Fehlerlehren, Adress- und Namensvereinheitlichung vorgenommen und der Datenbestand auf diese Weise sukzessive korrigiert und ergänzt. Nach Abschluss der technischen Aufbauarbeiten widmete sich das Kompetenzzentrum Bibliometrie in diversen Forschungsprojekten insbesondere der Definition von Qualitätsstandards und der Entwicklung und Erprobung von neuen Indikatoren. Auch spezialisiertere Studien – etwa zu Kooperationsbeziehungen, zur Wirkung von Fördermaßnahmen, zur Identifikation von Exzellenz oder zur Charakterisierung von Publikationsstrategien – wurden von den Partner*innen des Konsortiums initiiert.
Seit Anfang 2014 arbeiten auch GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, die Max-Planck-Gesellschaft und das Forschungszentrum Jülich im Kompetenzzentrum Bibliometrie mit. Ziel ist es, das Kompetenzzentrum Bibliometrie institutionell zu verstetigen und den dauerhaften Betrieb der Forschungsinfrastruktur, die zugleich der Bereitstellung diverser bibliometrischer Dienstleistungen dienen soll, zu ermöglichen. Für die aktuelle Projektphase von 2022 bis 2024 sind Gesamtziele definiert worden, die im Ergebnis den Netzwerkcharakter des KB stärken. Entsprechend werden die Analysenangebote des Kompetenzzentrum Bibliometrie für weitere Nutzende geöffnet, um es zu einem Kompetenznetzwerk Bibliometrie weiterzuentwickeln.
Am DZHW soll im Rahmen des Kompetenznetzwerkes Bibliometrie die Forschung im Themengebiet "Indikatorik und Methoden" weiter vertieft werden. Das DZHW intensiviert – gemeinsam mit unterschiedlichen Kooperationspartner*innen – insbesondere die bibliometrische Forschung auf den Gebieten der Indikatorentwicklung, der Qualitätssicherung und -messung, der Fachklassifizierung und Feldabgrenzung sowie der Netzwerkanalysen.
Das Kompetenznetzwerk Bibliometrie wird als Infrastrukturprojekt gefördert, nicht als eigenes Forschungsprojekt. Publikationen des DZHW, die unter Nutzung der Daten und Infrastruktur des KB erstellt wurden, werden nur unter den jeweiligen Projekten aufgeführt. Veröffentlichungen des DZHW und anderer KB-Partner auf Basis der Infrastruktur werden auch unter bibliometrie.info aufgelistet.