Abeducation - wird das japanische Hochschulsystem internationaler?

20.8.2013

Japans Premierminister Shinzo Abe strebt eine Reform des Hochschulwesens an. Die unter dem Label „Abeducation“ bekannt gewordenen Pläne zielen auf eine stärker internationale Ausrichtung der Hochschulbildung in Japan. Verdoppeln soll sich die Zahl der japanischen Studierenden, die einen Studienaufenthalt im Ausland absolvieren. Mehr als eine Verdoppelung wünscht sich Abe auch bei den ausländischen Studierenden an japanischen Hochschulen. Kurse in englischer Sprache und ein internationaler Lehrkörper sollen mit dazu beitragen, die Position japanischer Hochschulen in globalen Rankings zu verbessern. Die Reform des Hochschulsystems ist eng an Abes Wirtschaftsprogramm gekoppelt: Sie soll der japanischen Wirtschaft die hochqualifizierten und global einsatzfähigen Arbeitskräfte bescheren, die sie benötigt.

Die von Bildungsminister Hakubun Shimomura Ende Juni vor der Presse vorgestellten Reformpläne bestehen aus mehreren Eckpfeilern. Dazu gehören eine Reform hochschulischer Governancestrukturen, der Aufbau von Online-Kursen, eine Förderung der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und eine Internationalisierung des japanischen Hochschulsystems. Alle Vorhaben sollen einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der japanischen Hochschulen dienen und letztendlich auch der japanischen Wirtschaft zugutekommen.

„Abeducation zielt darauf ab, unsere Hochschulen, die in internationalen Rankings zurückgefallen sind, globaler auszurichten“, sagte Shimomura anlässlich der Pressekonferenz. „Es ist an der Zeit, die japanischen Universitäten zu Weltklasseuniversitäten zu machen, damit sie einen Platz an der Spitze der Rankings einnehmen.“ 10-100-10 lautet die Zielformel, die Premierminister Abe ausgegeben hat: 10 japanische Universitäten sollen sich innerhalb der nächsten zehn Jahre unter den 100 weltweit besten Universitäten wiederfinden. In diesem Jahr haben es mit den Universitäten von Tokio und Kyoto zwei japanische Universitäten in die TOP-100 geschafft.

Negativ wirkt sich für die japanischen Universitäten in den Rankings u. a. ihr geringer Internationalisierungsgrad aus. Basierend auf den Empfehlungen einer Expertenkommission zielen die Vorschläge von Abes Reformprogramm daher insbesondere auf eine Öffnung der japanischen Hochschulen. Dabei haben Abe und sein Bildungsminister Shimomura vor allem die Auslandsmobilität im Blick. Die Zahl der japanischen Studierenden, die einen Auslandsaufenthalt im Studium absolvieren, soll auf 120.000 steigen. Dass dies ein ehrgeiziger Plan ist, zeigen die aktuellen Zahlen: Nach Angaben der OECD waren im Studienjahr 2011/12 rund 38.500 japanische Studierende an Hochschulen im Ausland eingeschrieben. Der Höchststand war sechs Jahre zuvor mit 63.000 Studierenden erreicht worden. Seitdem hatte die Zahl der auslandmobilen Japaner(innen) stetig abgenommen. Parallel dazu soll die Zahl der ausländischen Studierenden an japanischen Hochschulen entsprechend früherer Zielsetzungen auf 300.000 steigen. 2012 waren es ca. 138.000. Dies ist ein leichter Anstieg im Vergleich zu 2008, als rund 124.000 ausländische Studierende an japanischen Hochschulen immatrikuliert waren.

Um die Mobilität für Studierende in beide Richtungen zu fördern, will die japanische Regierung vermehrt Stipendien vergeben. Gleichzeitig sollen die Rahmenbedingungen mobilitätsfördernder ausgestaltet werden. So sollen etwa vermehrt Kurse in englischer Sprache an den japanischen Hochschulen angeboten und englischsprachiges Personal rekrutiert werden, Studienzyklen und die Rekrutierungsgewohnheiten der japanischen Wirtschaft sollen den internationalen Gepflogenheiten angepasst und die Arbeitgeber für die Vorteile von Auslandserfahrung bei den japanischen Absolvent(inn)en sensibilisiert werden. Applaus erhält Abe für seine Reformpläne von den Unternehmerverbänden. Sie hoffen, dass ihnen die Reform die international ausgebildeten Fachkräfte beschert, die die im globalen Wettbewerb stehende japanische Wirtschaft benötigt.

Dass die Abeducation die von vielen erhoffte Öffnung des japanischen Bildungswesens bringt, bezweifeln Kritiker allerdings. Aufhorchen lässt ein Positionspapier der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP), der Abe und Shimomura angehören, dessen nationalistische Grundtendenzen schwer mit einer weltoffenen Wissenschaftskultur in Einklang zu bringen sein dürften. Junge Japaner(innen), so heißt es dort, sollten im Ausland die japanische Kultur und japanische Traditionen verbreiten. Dazu müssten sie ihre Identität als japanische Bürger festigen. Vor der Presse sagte Shimomura, das japanische Volk könne große Errungenschaften vorweisen. Das Bewusstsein einer „besonderen japanischen Identität“ müsse unter den Jugendlichen genährt werden. Durch Rückgriff auf die eigene Geschichte könnten diese das Konzept der Globalisierung besser verstehen und sie erhielten mehr Selbstbewusstsein auf der internationalen Bühne. Zu Shimomuras Vorstellungen von Internationalisierung kommentierte die japanische Zeitung „Asahi“: Es sei zwar richtig, den Standpunkt Japans in der Welt zu vertreten. Doch dazu müsse man fähig sein, mit Menschen unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds zu kommunizieren und dabei so zu sprechen, dass es für beide Seiten akzeptabel sei. (tm)

Quellen: University World News, Neue Züricher Zeitung, The Diplomat

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